Mischkultur im Garten: Einführung von Gertrud Franck
Gesunde Pflanzen und hohe Ernteerträge auch auf kleinen Flächen – das ermöglicht das Mischkultursystem von Gertrud Franck, das sie über Jahrzehnte sorgsam entwickelte. Indem sie die Vielfalt der Natur schätzte und mit ihr im Einklang arbeitete, gärtnerte die Pionierin des biologischen Gartenbaus nachhaltig und ressourcenschonend. Ihr gesammeltes Wissen erschien erstmals 1980 als Buch und wurde 2019 neu aufgelegt (»Gesunder Garten durch Mischkultur«). Im folgenden Textauszug erläutert Gertrud Franck die Philosophie, die hinter ihrem Mischkulturgarten steht.
16.04.2020
Alle Pflanzen leben miteinander und voneinander
Der Mischkulturgarten hat als Vorbild die Natur, die ungeschädigte und unverdorbene Natur. Sie wurde zum gültigen Lehrbuch. Was lehrt uns die Natur? Sie zeigt eine vielfältige Gemeinschaft von Pflanzen – in Wald, Feld und Wiese. Alle Pflanzen leben miteinander und voneinander. Jede Pflanzengemeinschaft steht in Wechselwirkung mit ihrer Umwelt und ist nicht austauschbar.
Der Pflanzenwuchs ist vielfältig. Er besteht aus den Kulturpflanzen, aus Heilkräutern, aus sonstigen Wildkräutern aller Art. Er besteht aber auch in Gemeinschaft mit größeren und kleineren Tieren, die am selben Standort leben, ihre Ausscheidungen dort hinterlassen, auch dort vergehen und mit ihren verwesenden Körpern das Bodenleben erhalten und den Pflanzen Nahrung geben.
Nirgends sind in der Natur Monokulturen anzutreffen, nirgends findet sich unbewachsener oder unbedeckter Boden. Die Natur zeigt auch, wie Umwandlungsprozesse ablaufen, wie die Stoffe verrotten und sich zersetzen.
Schutz für die Tierwelt
Der Boden liegt nie offen – die Natur selber überzieht ihn mit schützenden, rankenden, kriechenden, ausdauernden niederen Pflanzen, unter denen sich ein reges Leben kleiner und kleinster Tiere abspielt. Unter dieser Decke geborgen liegen reife Samen, die dort im Dunkeln die Frostperiode überstehen und dann »zu ihrer Zeit« keimen.
Wir finden es schon beim moosbewachsenen Stein oder Baumstumpf: Wie greifbar nah zeigt sich dies am frühen Morgen im Tau eines neuen Tages, wenn das Moos, zu Stückchen zerhackt, vor uns liegt – ein abgeräumter Frühstückstisch der Amsel. Unter unbeschädigter Bewachsung daneben finden sich Würmchen, Raupen, Käfer. Am nächsten Morgen schon sind sie von einem Vogel als für ihn notwendige und aufbauende Nahrung herausgeholt worden.
An anderen Stellen stehen Krokusse – irgendwann im Kulturteil des Gartens als Zwiebeln gelegt und später von Ameisen als Samen von blühenden Krokussen hierher verschleppt; die an den Ameisen hängengebliebenen Samen sind abgefallen und haben an der für diese Pfla£nzen geeigneten Stelle gekeimt. Wo also Krokusse blühen, findet man gelegentlich von Vögeln zerhackte Blüten. Nicht Wassermangel lässt die Vögel hacken, sondern sie brauchen die winzigen Gifttröpfchen als homöopathische Dosen für ihre Gesundheit und als Aufbaustoffe für ihre Eier.
Tipp: Lesen Sie mehr zum nachhaltigen und ökologischen Gärtnern auf unserer Themenseite
Ist ein solcher Garten schon weiter gediehen, ließ der Gärtner der Natur »ihren Willen und Lauf«, so finden Vögel auf ihrer Suche noch viele andere Pflanzen, die diese begehrten, aufbauenden Stoffe enthalten. Es sind tausend Quellen vorhanden, und es sollte keine wissentlich verschüttet werden. Eine einzige Anwendung von Giften würde den Kreislauf unterbrechen, und der Traum eines sich aus einem Wildgarten entwickelnden Naturgartens wäre für Jahre ausgeträumt.
Das Leben, das sich im Bereich der hohen und niederen Pflanzen – unter ihnen, durch sie, auf ihnen – abspielt, ist unermesslich reich. Nur weniges kann der Mensch, der beobachtend durch den Garten geht, erkennen; er findet Losungen, Trittspuren, Zeugnisse von nächtlichen Kämpfen und Tragödien. Das meiste kann er nur erahnen. Er wird sehr dankbar sein, dass er im »biologischen Denken« so weit gekommen ist, die Notwendigkeit ökologisch richtigen Verhaltens einzusehen.
All diese Beobachtungen führten zu neuem Denken und letztlich zu dem Gartenbau, der sich als »vollbiologischer Garten« seit Langem bewährt. Die Auswertung all dieser Beobachtungen und viele Versuche in langen Jahren führten zu einem System und einer Ordnung, die in jedem Garten leicht durchführbar sind.
Die Ordnung im Mischkulturgarten
Die Pflanzen wurden so zusammengestellt, dass sich die Nachbarschaft für die jeweiligen Partnerpflanzen positiv auswirken muss, sie zeigen sich als gute und schützende Nachbarn, als Schädlings- und Krankheitsabwehrer.
So fragen wir heute nicht mehr: Welches Mittel gegen welche Krankheit? Welches Mittel zur Bekämpfung dieser oder jener Schädlinge?
Die Frage lautet bei unserer Mischkulturenmethode: Welche Pflanze wird sich in welcher Nachbarschaft wohlfühlen? In welcher Nachbarschaft können ihre Schädlinge abgewehrt und ihre Krankheiten verhindert werden? Die Nachbarschaften sind also mit Überlegung zu wählen: Positive sind zu verwirklichen, negative zu vermeiden.
Wie funktioniert Mischkultur? Praxis der Reihenkultur
Konkret werden positive Pflanzengemeinschaften gebildet und die wichtigsten Fragen der Wuchsformen und Wachstumszeiten berücksichtigt. So durchgeführt, wird die Mischkultur zugleich eine äußerst einfache, mühelose und zudem kostenlose Pflanzenschutzmaßnahme. Damit diese notwendige Mischung der Kulturen möglich ist, gehen wir bewusst weg von der beetweisen Monokultur und hin zur Reihenkultur, damit im richtigen Abstand auch die richtigen Pflanzen stehen können.
So wichtig wie die oberflächige »Beeinflussung« der Pflanzen untereinander ist – etwa durch Duftstoffe, die auch von uns wahrnehmbar sind –, so wichtig ist die für uns unsichtbare, aber wesentliche Beeinflussung der Pflanzen untereinander auch im Wurzelbereich: durch Ausscheidungen, durch jeweils andere Beanspruchung von Nährstoffen und durch spezifische Bakterien, durch Verwertung der sichtbaren und unsichtbaren Rückstände, die jede Pflanze im Boden hinterlässt.
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Bei unserer Reihenkultur gibt es also neben dem Wechsel der Pflanzen über dem Boden auch den Wechsel unter dem Boden – im Bereich der Mikrolebewesen. Der Mischkulturengarten trägt nicht nur dieser Mischung mit ihren besonderen Auswirkungen über dem Boden Rechnung, sondern vor allem auch dem Anspruch der Pflanzen an den Boden. Damit dem Boden die verschiedensten Wurzelrückstände zugeführt werden können, damit Verrottungsmaterial und Nährstoffe während des ganzen Jahres auf dem Boden und im Boden vorhanden sind, sorgen wir dafür, dass der Garten auch das ganze Jahr über bewachsen und bestellt ist.
Die Reihenabstände müssen deshalb groß genug sein, damit sich dort während des ganzen Jahres Oberflächenkompost befinden kann. Alles, was an geeignetem Material aus dem Garten kommt, wird als Bedeckung aufgebraucht und wird zu Mulchkompost, alles bleibt also im Garten und wird wiederverwertet. So ist für die laufende Ernährung der Pflanzen gesorgt, und Düngung heißt nun: pflegender, erhaltender, fördernder Aufbau eines humusreichen Bodens, erreicht durch ganzjährige Mischkultur mit der entsprechenden arbeitssparenden Humusversorgung. Auch in der kalten Jahreszeit stehen noch Pflanzen zur Ernte bereit; manche wachsen noch weiter, und es ist die Aussaat von Arten möglich, deren Samen im Boden zum Keimen und Wachsen auf das Frühjahr warten.
Wie das Mischkultursystem nach Gertrud Franck konkret funktioniert, erfahren Sie im Buch »Gesunder Garten durch Mischkultur«.