Wie funktioniert Mischkultur? Planung, Abstände, Nachbarn
Die Mischkultur ist eine Jahrtausende alte Anbautechnik. In Deutschland war es Gertrud Franck, die als Biogartenpionierin die Mischkultur erprobte und zu einem erfolgreichen System für einen gesunden und nachhaltigen Garten weiterentwickelte. Ihr umfangreiches Wissen gab sie gerne weiter – ihre ehemalige Schülerin Brunhilde Bross-Burkhardt stellt das Franck'sche Mischkultursystem vor und gibt einen Überblick über die Regeln und Besonderheiten dieser Methode.
16.04.2020
Mit einem guten Plan zu gesundem Gemüse
Gertrud Franck erfand die Mischkultur nicht; sie baute vielmehr auf gärtnerischem Erfahrungswissen und Erprobungen auf, zum Beispiel des Gartenbauinspektors Albert Georg Wirth und der Gartenfachberaterin Dr. Huberta von Bronsart. Ihre große Leistung ist es, dass sie die Mischkultur zu einem praktikablen Gartenbausystem mit Vor-, Zwischen- und Nachkulturen, mit Bodenbedeckung und immergrüner Wirtschaft weiterentwickelte.
Die Mischkultur nach Gertrud Franck ist also weit mehr als ein bloßes Nebeneinander von sich fördernden Kulturen, wie sie häufig verstanden wird. Sie hat das Ziel, durch gute Bodenpflege die Bodenfruchtbarkeit zu verbessern und somit die Grundlage für die Erzeugung von gesundem Gemüse, aromareichen Kräutern und vitaminreichem Obst zu schaffen. Die häusliche Vorratswirtschaft und die vielfältige Verwertung des Erntegutes in der Küche spielen deshalb in ihrem System ebenfalls eine zentrale Rolle.
Gute Planung ist alles
Vor allem steht ein Plan! Der einmal aufgestellte Mischkulturplan, der alle Vorlieben der Gärtnernden und alle bekannten positiven Wechselbeziehungen der Gemüsearten untereinander berücksichtigt, bleibt bestehen. Die Gemüsereihen rücken lediglich von Jahr zu Jahr um 25 Zentimeter weiter.
So ist bei sorgfältigster Planung, die auch umgesetzt und dokumentiert werden muss, ein Fruchtwechsel bereits im System inbegriffen. Gertrud Franck nannte diese Einteilung »rollierendes System«.
Reihenmischkultur: Abstände und Abfolge
Am früheren Landwirtschaftsamt in Schwäbisch Hall, dem Wohnort Gertrud Francks, war dieser Mischkulturgarten als Lehrgarten für die Schülerinnen angelegt. Diese trugen das Wissen um die Methode in die bäuerlichen Haushalte der Region.
Gertrud Franck praktizierte und propagierte die sogenannte Reihenmischkultur ohne Zwischenwege bzw. Trittwege. Aus verschiedenen Gründen empfahl sie einen relativ weiten, von Reihe zu Reihe immer gleichen Abstand von zunächst 40 Zentimetern, später von 50 Zentimetern.
Für die exakte Markierung der Reihen spannte sie Pflanzschnüre. Entlang der Pflanzschnüre wurden Saatrillen gezogen und die Setzlinge eingepflanzt. (Gertrud Franck verriet mir einmal, dass sie sich bei den Reihenabständen an den Maßen der Wegplatten orientierte, die in ihrem Garten die Gemüseflächen einfassten.)
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Die Abfolge der Gemüsereihen folgt einem System von A-, B- und C-Reihen. Die A-Reihen sind die Hauptkulturen, die den Platz im Garten lange einnehmen und ausladend und/oder hoch wachsen. Das sind vor allem Tomaten, Stangenbohnen oder Spätkohl. Diesen Hauptkulturen oder Leitkulturen sind Mittelreihen (B-Reihen) und Kurzzeitreihen (C-Reihen) zugeordnet.
In ihrem Garten kennzeichnete sie diese Reihenkategorien mit verschiedenen Farben, A mit Rot, B mit Grün und C mit Blau. Die Abfolge der Reihen ist immer im Muster A – C – B – C – A – C – B – C – A, jeweils im 50-Zentimeter-Abstand.
Liniensaat als Gründüngungsvorsaat
Den Raum zwischen den Kulturreihen (zwischen den zur Ernte bestimmten Kulturen) nehmen zunächst Gründüngungspflanzen wie Spinat oder Ackerbohne ein. Gertrud Franck bezeichnete diese Gründüngungsreihen als Vorsaaten oder Liniensaaten. Sie verwendete auch den Begriff »Linienblatt«.
Bei voller Blattentwicklung und noch vor der Blüte werden sie abgehackt; Blätter und Triebe bleiben an Ort und Stelle liegen. Die weichen Spinatblätter und die absterbenden Wurzeln verrotten schnell. Auf die bedeckten (gemulchten) Streifen wird laufend neues Bedeckungsmaterial (Mulchmaterial) aufgebracht. Die gemulchten Zwischenräume zwischen den eigentlichen Kulturen dienen als Trittwege. Bei deren Betreten wird der Boden nicht verdichtet.
Bodenbedeckung bzw. Flächenkompostierung bringen noch viel mehr Vorteile. Die Bedeckung beschattet den Boden und schützt ihn vor atmosphärischen Einflüssen. Sie dient zugleich als Nahrung für die Bodenlebewesen, die für eine gute Struktur im Boden sorgen und zum Humusaufbau beitragen. Ein wichtiger Aspekt ist zudem, dass unter der Bedeckung das Wasser länger im Boden bleibt, sodass weniger oder gar nicht gegossen werden muss.
Ständige Bodenbedeckung durch Gründüngungseinsaaten
Als weitere Gründüngungspflanze verwendete Gertrud Franck Gelbsenf, hauptsächlich für flächendeckende Nachsaaten nach dem Abernten des Gemüses. Die Vorzüge des Gelbsenfs sind das schnelle Auflaufen bei niedrigen Temperaturen im Frühjahr und Herbst. Im Sommer wird kein Senf gesät, weil er an langen Tagen in Blüte geht.
Mehr lesen: Mischkultur im Garten – eine Einführung von Gertrud Franck
Das Saatgut der Senfsorte ›Dr. Francks Hohenheimer Gelb‹ stammte aus der Saatzucht ihres Mannes Hannfried Franck. Gelbsenf ist keine botanische Art, sondern die Kurzbezeichnung der Sorte. Gertrud Franck selbst sprach immer nur von »Senf«. Botanisch gesehen, handelt es sich um Weißen Senf (Sinapis alba). Die Sorte wurde am 25. März 1955 zugelassen. Landwirte verwenden ihn nach wie vor für den Zwischenfruchtanbau.
Mischkultur mit sich ergänzenden Partnern
Gertrud Franck achtete bei ihren Mischkulturkombinationen darauf, dass sich die Gemüsearten in ihren morphologischen Eigenschaften sowohl über als auch unter der Erde ergänzen und sich gegenseitig durch Duftausscheidungen fördern:
- Porree (Lauch) kommt mit wenig Licht aus und kann in den Schatten zwischen zwei Tomatenreihen gepflanzt werden.
- Früher Blumenkohl und Sellerie ergänzen sich gut.
- Sellerie gilt als mit sich selbst nicht verträglich, deshalb wird Blumenkohl dazwischengepflanzt.
- Blumenkohl hat eine relativ kurze Vegetationszeit, er räumt früh den Platz und lässt dem Sellerie Platz, sich im Spätsommer und Herbst auszubreiten. Außerdem schützt Blumenkohl vor Sellerierost; Sellerie wiederum vertreibt den Kohlweißling.
Nach Gertrud Franck gibt es nur wenige wirklich ungünstige Nachbarschaften. Sie nennt die Kombinationen:
- Bohnen und Zwiebeln
- Kohl und Zwiebeln
- Blaukraut und Tomaten
- Petersilie und Kopfsalat
- Rote Rüben und Tomaten
- Kartoffeln und Zwiebeln
Diese Gemüsearten sollten nicht in benachbarten Reihen stehen. Ein wesentlicher Teil der Franck’schen Mischkultur ist also dieses Miteinander, das sich aus unterschiedlicher Entwicklungsdauer, aus verschiedener Wuchshöhe und Ausbreitung ergibt. In jedem Fall gibt sie den Kulturpflanzen viel Platz, sodass sie sich art- und sortengerecht gut entwickeln können.
Kräuter unterstützen
Gertrud Franck bezog auch einjährige Kräuter, vor allem Dill und Bohnenkraut, in die Gemüsemischkultur ein. Dill beispielsweise dient als Markiersaat bei Möhren. Ausdauernde Kräuter sollten vom Rand durch ihre Duftausscheidungen wirken.
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Die wachstumsfördernde Wirkung der Kräuter nutzte sie ebenso in Form von Brühen, Jauchen und Tees. Mit den Kräuterjauchen sollten nicht die Pflanzen direkt gedüngt werden; Gertrud Franck wollte vielmehr mit den Kräuterjauchen dem Boden Heilstoffe zurückgeben. Die Jauchen gab sie zum Gemüse, auch zu Erdbeeren im Herbst und zu Bäumen, Rosen und Stauden gerne »ins offene Maul«, wenn sie die Nährstoffe am besten aufnehmen.
Mischkultur aus heutiger Sicht
Gertrud Franck konzipierte die Mischkultur als ein weitgehend in sich geschlossenes System, das sich nahezu aus sich selbst heraus erhalten kann, mit minimaler Zufuhr von Stoffen von außen. Auf ihrem sehr großen Gartengrundstück, das eher die Größe einer Gärtnerei hatte, und mit Randbereichen, aus denen sie organisches Material für Jauchen und zur Bodenbedeckung holen konnte, hat dieses System hervorragend funktioniert.
Es ist ein gutes Beispiel für eine nachhaltige, ressourcenschonende Gartennutzung. Auch auf kleineren Gartengrundstücken lässt es sich annähernd originalgetreu umsetzen.