Streaming heizt unserem Planeten ein
Streaming ist mittlerweile allgegenwärtig: Filme, Serien oder Musik werden zunehmend über das Internet abgespielt, ohne dass sie auf dem Speicher des genutzten Geräts vorhanden sein müssen. Wie sich der wachsende Konsum von Streaming-Diensten wie Netflix, Youtube, Spotify und Co. in Sachen Klimaschutz auswirkt, erklärt Felix Sühlmann-Faul.
05.02.2020
Der Verbrauch materieller Ressourcen sinkt, und Transportwege entfallen: Wenn man die Potenziale der Digitalisierung richtig nutzt, können sie zur Nachhaltigkeit beitragen, indem Stoffströme reduziert werden. Ein Beispiel für das Nachhaltigkeitspotenzial der Dematerialisierung ist das Streaming, also die Nutzung von audiovisuellen Medien in Form eines Datenstroms statt auf einem physischen Datenträger. Filme oder Musik müssen nicht mehr auf eine DVD oder andere Speichermedien gebrannt werden und der Transport entfällt. Das reduziert bereits den Energieverbrauch. Eine Studie von 2014 konnte zeigen, dass Streaming im Vergleich zu einer Autofahrt zur Videothek eine bessere Ökobilanz hat.
Aber: Das Nachhaltigkeitspotenzial ist gering. Digitale Dienste sind in aller Regel sehr niedrigschwellig, also einfach zugänglich, und laden daher zu erhöhtem Konsum ein. Geschieht das beim Streaming, indem etwa an einem Wochenende mehrere Staffeln einer Serie hintereinander angeschaut werden, zieht das eine deutlich schlechtere Ökobilanz nach sich, da mehr Streaming auch mehr Energie verbraucht. So wie der Strom nicht in der Steckdose entsteht, so entstehen Filme, Serien und Musik nicht zu Hause in unseren Internetroutern. Die Video- und Musikdaten werden vielmehr in physischen Datenzentren gespeichert und von dort aus übertragen. Jede Bewegung im Internet, jede Suchmaschinenanfrage und jede E-Mail wandert durch Datenzentren und ihre Server. Deren Energieverbrauch und Emissionsausstoß steigen jährlich, da der globale Datendurchsatz steigt. Während dieser 2002 noch bei 100 Gigabyte pro Sekunde lag, geht eine Prognose für das Jahr 2021 von 106.000 Gigabyte pro Sekunde aus. Dieser Anstieg wird durch immer mehr User*innen und immer mehr »smarte« Geräte, die Daten senden und empfangen, verursacht. Im Bereich der privaten Internetnutzung ist Streaming heute der wichtigste Treiber der Nachfrage nach Bandbreite und erzeugt die größte Menge an Datenverkehr im Internet.
Die Nutzung von Streamingdiensten ist schnell, einfach und ohne besondere technische Kenntnisse zu bewerkstelligen. Zusammen mit einer Flatratezahlung pro Monat führt das zu einem deutlich höheren Konsum: Bei einer Flatrate tendieren Nutzer*innen dazu, mehr zu konsumieren, um ein »besseres Geschäft« zu machen. Gleichzeitig entfällt ja eine Zahlung pro Einheit, was Konsum in der Regel reduziert. Umweltschäden durch den dadurch erhöhten Energieverbrauch sind dabei weithin unbekannt und nicht direkt ersichtlich. Ein öffentliches Bewusstsein für die entstehenden Schäden zu schaffen ist daher schwer.
Streaming kann nachhaltig sein, wenn sich der Konsum im Rahmen hält. Wie immer ist Suffizienz – die Begrenzung des Konsums – der wichtigste Faktor, mit dem Nachhaltigkeit steht oder fällt.