Anthropozän: 7 Lesetipps für das Menschenzeitalter
In der Wissenschaft schon lange diskutiert, taucht der Begriff »Anthropozän« vermehrt in gesellschaftlichen Diskursen auf. Er beschreibt ein neues Erdzeitalter, das nach dem Menschen benannt wurde – und löst immer wieder zahlreiche Kontroversen aus. Mit unseren Lesetipps, von der thematischen Einführung über das Standardwerk bis hin zu klugen Debattenbeiträgen, zeigen wir Ihnen alle Facetten des neuen Menschenzeitalters.
25.01.2022
Leben wir im Anthropozän? Ist der Einfluss des Menschen auf die Erde so groß, dass nach ihm ein ganzen Erdzeitalter benannt werden sollte? Fest steht: Ob riesige Waldflächen, die durch unkontrollierte Rodung verloren gehen, intensive Landnutzung, die wertvolle Biodiversität zerstört, oder Meere, die übersauern und voller Plastikmüll sind... Die Liste der menschlichen Eingriffe in die Natur ist lang und wenig positiv.
Auch in geologischen Schichten sind die Spuren des Menschen bereits unübersehbar: Plastik, Beton oder Überreste von Atomtests werden dort noch Jahrtausende Zeugnis von unserem Lebensstil ablegen. Ist die Sache also klar, das Holozän ist Vergangenheit, das Anthropozän ist da? Ganz so einfach ist es nicht. Die Internationale Union der geologischen Wissenschaften hat das neue Zeitalter bisher nicht offiziell anerkannt.
Und doch wird der Begriff heiß diskutiert. Er hat Einzug in diverse soziologische, philosophische, kulturelle und politische Debatten gehalten: welchen Platz hat der Mensch in der Natur? Wie können wir leben, ohne die planetaren Grenzen zu überschreiten? Kann der Mensch seine Macht nutzen und durch Geoengeneering eine vermeintlich bessere Natur designen?
Die Diskurse sind vielfältig – um einen Überblick, aber auch die Ursprünge und Hintergründe zu bieten, haben wir Ihnen daher unsere Top-Titel zum Thema Anthropozän zusammengestellt.
1. »Das Anthropozän« von Paul J. Crutzen
»Wir befinden uns im Anthropozän!«, rief der Nobelpreisträger und Meteorologe Paul Crutzen bei einer Konferenz im Jahr 2000 frustriert aus. Damit schuf er einen Begriff, der seitdem heiß debattiert wird, aber sehr passend erscheint: Die Eingriffe des Menschen in die Natur sind so groß, dass er die Erde und das Leben auf ihr irreversibel beeinflusst.
In seinem umfangreichen Werk setzte sich Paul Crutzen mit den ökologischen Folgen menschlichen Handelns auseinander. Der Band »Das Anthropozän« versammelt Schlüsseltexte des Nobelpreisträgers sowie Einführungen in sein Werk von Michael Müller, Klaus Töpfer, Hans Joachim Schellnhuber, Kai Niebert und Volker Gerhardt.
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Sachbuch | 2019 | 224 Seiten mit hochwertigem Leinenrücken | von Paul J. Crutzen
Tipp: Ein Interview mit Paul Crutzen aus dem Buch lesen Sie hier: »Ich möchte dazu beitragen, dass es keine Scheinlösungen gibt«
2. »Anthropozän« von Erle C. Ellis
Der Begriff »Anthropozän« taucht in immer mehr wissenschaftlichen Diskursen auf und auch in Diskussionen in der breiteren Öffentlichkeit gewinnt er an Bedeutung. Doch nicht alle sind der Meinung, dass es die passende Beschreibung für den momentanen Zustand der Welt ist.
Erle C. Ellis erläutert deshalb in »Anthropozän. Das Zeitalter des Menschen – eine Einführung«, was es mit dem Anthropozän auf sich hat, wo seine Ursprünge liegen, welche Umweltveränderungen maßgeblich sind und warum so heftig um diesen Begriff debattiert wird – eine kompakte und zugleich umfassende Einführung.
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Sachbuch | 2020 | 256 Seiten | von Erle C. Ellis
3. Ausgabe »Menschengemacht« der politischen ökologie
Enorme Stickstoffeinträge, großflächige Abholzungen von Wäldern, langlebiger radioaktiver Müll – die menschlichen Eingriffe in das Erdsystem haben eine neue Dimension erreicht. Noch aber ist unklar, ob es zur offiziellen Ausrufung eines Erdzeitalters des Menschen kommt. Denn das Narrativ hat verschiedene Nuancen, über die sich trefflich streiten lässt.
Wie steht es also um das Anthropozän? Dieser Frage geht die Ausgabe »Menschengemacht« der Zeitschrift politische ökologie nach und beleuchtet das Thema aus verschiedenen Richtungen.
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Zeitschrift | 2021 | politische ökologie
Tipp: Lesen Sie vorab rein in den Beitrag »Die Erzählung vom Anthropozän: Mensch macht Epoche« von Barbara Unmüßig, Vorsitzende der Heinrich-Böll-Stiftung.
4. »Mut zum Gaiazän« von Peter Finke
Wir haben uns in eine Ideologie verrannt, sagt Peter Finke: das Anthropozän. Statt an Götter glauben wir heute an uns selbst, an unser Bruchstückwissen und den Markt. Im Zentrum seiner Kritik in »Mut zum Gaiazän. Das Anthropozän hat versagt« steht unser in viele Teile zerlegtes Wissen sowie eine männerdominierte, technologiehörige und fortschrittstrunkene Wissenschaft. Sie muss sich gründlich erneuern, indem sie den Sinn der Vielfalt wiederentdeckt, die Kraft der Frauen nutzt, die kritische Kreativität der Zivilgesellschaft begrüßt und die Würde und Rationalität indigener Kulturen anerkennt.
Eine Orientierung weg vom Menschen, hin zu Erde wird benötigt: Kein Anthropozän, sondern ein Gaiazän!
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Fachbuch | 2022 | 192 Seiten | von Peter Finke
5. »Die Welt im Anthropozän« von Wolfgang Haber, Martin Held und Markus Vogt
Das Grundmerkmal des Anthropozäns ist die dynamische Wechselwirkung zwischen technischer Zivilisation und Natur. Der Mensch hat diese Dynamik ausgelöst, kann sie aber nur unvollständig beherrschen.
Das liegt auch am Widerspruch zwischen seinem biologischen und seinem geistigen Wesen, der sich auf das Verhältnis von Natur und Kultur überträgt. Die Folge ist eine ständige Spannung zwischen ökologischen Erfordernissen und humanitären Maßstäben. Das Buch »Die Welt im Anthropozän« gibt einen Einblick in diese vielfältigen Zusammenhänge.
Jetzt bestellen (Buch: 24,95 Euro | E-Book: 19,99 Euro)
Fachbuch | 2016 | 184 Seiten | von Wolfgang Haber, Martin Held und Markus Vogt
6. »Crossmediales Erzählen vom Anthropozän« von Sabine Anselm und Christian Hoiß
Der Mensch ist zu einer treibenden globalen Kraft geworden. Damit trägt er eine große Verantwortung und benötigt ein Bewusstsein für eine umsichtige Gestaltung der Zukunft. Dafür werben auch literarische Erzählungen. Als Fortschreibungen von Argumentationen können sie komplexe Sachverhalte verständlich aufbereiten, mögliche Szenarien ausprobiern und so einen komplementären Zugang zum Verständnis der Welt bieten.
Der Band »Cossmediales Erzählen im Anthropozän« versammelt Spuren in Literatur, Film, Computerspiel und seriellen Formaten und gibt Einblicke in Rolle, Funktion und didaktische Vermittlungsleistung von Erzählungen zum Anthropozän.
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Fachbuch | 2017 | 132 Seiten | von Sabine Anselm und Christian Hoiß
7. »Leben im Anthropozän« von Brigitte Bertelmann und Klaus Heidel
Das prägnante Merkmal des Anthropozäns ist die Verletzung der planetarischen Grenzen durch den Menschen. Dies bedroht das gegenwärtige Leben auf der Erde und nicht zuletzt die menschliche Zivilisation selbst. Um diese Bedrohung abzuwenden, ist ein systemischer Wandel unserer Gesellschafts- und Wirtschaftsweisen erforderlich.
Doch es gibt keine Blaupause für diese sozialökologische Transformation. Wege zu ihr müssen gesucht werden - und bei dieser Suche sind Religionsgemeinschaften unentbehrlich. Warum die Schaffung einer Kultur der Nachhaltigkeit im Anthropozän zu einer Hauptaufgabe der Kirchen, erklären Brigitte Bertelmann und Klaus Heidel in »Leben im Anthropozän. Christliche Perspektiven für eine Kultur der Nachhaltigkeit«.
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Fachbuch | 2018 | 352 Seiten | von Brigitte Bertelmann und Klaus Heidel
#natürlichoekom: Wir leben Nachhaltigkeit
Der oekom verlag setzt sich nicht nur inhaltlich für Nachhaltigkeit ein, sondern geht auch bei Produktion und Vertrieb mit einer Selbstverpflichtung zum nachhaltigen Publizieren voran. Unsere Bücher sind klimaneutral hergestellt und größtenteils auf Recyclingpapier gedruckt. Genaue Informationen, wie sich oekom aktiv für mehr Nachhaltigkeit einsetzt, lesen Sie unter natürlich oekom.